Seit 1993 werden systematisch Teile des Fernsehprogramms aufgezeichnet, um empirische Forschungsarbeiten im Längs- und Querschnitt zu Programmstrukturen und -inhalten anzuregen und unabhängig von kommerziellen Anbietern zu ermöglichen. Die Aufzeichnungen bestehen aus einer repräsentativen Fernsehstichprobe (seit 1993) in Form von zwei künstlichen Wochen pro Jahr sowie einer täglichen Nachrichtenstichprobe (seit 2009) als Vollerhebung der Nachrichtensendungen von sechs Sendern (ARD, ZDF, MDR, RTL, Sat1, Pro7). Daneben werden seit 2012 Nachrichtenwebsites gespeichert.

Archivierung ­von ­TV-Vollprogramm, ­Nachrichtensendungen ­und ­Nachrichtenwebsites

Mit ihrer Kontinuität, mit dem abgedeckten Zeitraum und mit ihrem Umfang sind unsere Aufzeichnungen im akademischen Bereich in Deutschland einzigartig. Mit den Stichproben lassen sich Fragestellungen aus allen Teilbereichen des Fachs und repräsentativ für den abgedeckten Zeitraum bearbeiten. Sie bieten einen Fundus für Untersuchungen aus ganz unterschiedlichen fachlich-inhaltlichen Bereichen (bspw. politische Kommunikation, Werbeforschung, Journalismusforschung, Visuelle Kommunikation) und mit unterschiedlichen theoretischen Perspektiven und methodischen Herangehensweisen innerhalb und außerhalb der Kommunikationswissenschaft.

Durch ihre Systematik ermöglichen die Aufzeichnungen repräsentative Aussagen über Programmstrukturen und -Inhalte der aufgezeichneten Fernsehsender im Längs- und Querschnitt. Vor allem die tägliche Aufzeichnung der Hauptnachrichtensendungen erlaubt eine detaillierte Analyse der publizistischen Berichterstattung der privaten und öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten über tagesaktuelle (Medien-) Ereignisse. Darüber hinaus wird aber auch das Gesamtprogramm der Sender stichprobenhaft aufgezeichnet. Damit können Fragestellungen auch zu besonderen publizistischen Inhalten wie Magazinsendungen, Ratgeberformaten und Sportsendungen bearbeitet werden, aber auch zu fiktionalen Inhalten, Unterhaltungsformaten und Fernsehwerbung.

Die verschiedenen Teilstichproben werden entweder als Vollerhebung (TV-Nachrichtenstichprobe, Onlinenachrichtenstichprobe) oder nach dem Verfahren der künstlichen Woche aufgezeichnet. Alle Stichproben werden computergestützt (im Falle der TV-Stichproben über TV-Karten) aufgezeichnet und digital auf Festplatten (~ 12 TB) archiviert. Ältere Bestände liegen teils noch auf DVDs (~4000 Stück) und VHS (~200 Stück) vor, werden aber zur Zeit retrodigitalisiert.

Ununterbrochen seit 1993 werden pro Jahr zwei künstliche Wochen des Gesamtprogramms einiger wichtiger deutschsprachiger TV-Sender aufgezeichnet. An jedem der 14 Erhebungstage pro Jahr werden jeweils 12 Stunden (12 Uhr mittags bis 0 Uhr) des Programms von ARD, ZDF, RTL, Sat.1, Pro 7 und MDR aufgezeichnet. Die Aufzeichnungstage sind nach dem System der künstlichen Woche über das Jahr verteilt und gestatten somit die repräsentative Analyse von Programmstrukturen und Inhalten. Pro Erhebungstag stehen damit 72 Stunden Vollprogramm (etwa 28 Gigabyte Daten) bzw. 1008 Stunden für ein ganzes Jahr (etwa 450 GB) zur Verfügung.

Zur Ergänzung der allgemeinen TV-Programmstichprobe werden für detailliertere Analysen speziell des Nachrichtengeschehens seit 2009 zudem täglich die Hauptnachrichtensendungen der sechs TV-Sender aufgezeichnet (Vollerhebung). Auf diese Weise kann die Nachrichtenberichterstattung auch für unvorhersehbare Ereignisse auf Sender- und Sendungsebene oder im Sendervergleich untersucht werden. Pro Tag werden zwischen 7 und 9 Sendungen (je nach Wochentag) im Umfang von etwa 4 Stunden (~ 350 MB Daten) aufgezeichnet; über das Jahr gerechnet archivieren wir damit etwa 2000 Nachrichtensendungen mit einem Umfang von etwa 1344 Stunden (~ 160 GB Daten).

Über die Fernsehstichprobe sowie die tägliche Aufzeichnung der Nachrichtensendungen hinaus werden für konkrete Forschungsprojekte auf Anfrage variable Sonderstichproben im Voraus programmiert und aufgezeichnet. In der Vergangenheit geschah dies bspw. zu folgenden thematischen Anlässen bzw. im Rahmen folgender Forschungsprojekte (Auswahl):

  • Die Darstellung Ostdeutschlands im Fernsehen (Studie im Auftrag der SLM, TLM und MSA)
  • Ost- und Westdeutschland im Fernsehen (Studie im Auftrag der SLM, TLM und MSA)
  • Klimawandel in den Fernsehnachrichten. Längsschnittvergleich der Nachrichtenberichterstattung zu den Weltklimakonferenzen 2013,2014, 2015 und 2016. (laufendes Forschungs- und Lehrprojekt)
  • Attributionen der Börsenberichterstattung am Beispiel „Börse vor 8 im Ersten“. (Dissertationsprojekt)
  • Vergleichende Analyse von Wahlabenden. Gegenüberstellung der Wahlabendberichterstattung der Bundestagswahl 2013 und der Europawahl 2014 im Medium Fernsehen am Beispiel der Sender ARD und ZDF (Bachelor- und Masterarbeiten)
  • Mediatisierung des Sports (Bachelor- und Masterarbeiten, Konferenzvorträge)

Die vorhandenen Aufzeichnungen stehen Mitarbeitern und Studierenden für Forschungsprojekte zur Verfügung. Für Informationen dazu oder zu möglichen Sonderstichproben im Rahmen von Forschungsprojekten wenden Sie sich bitte an Dr. Benjamin Bigl (bigl@uni-leipzig.de).