2016 durften wir den 100. Geburtstag unseres Instituts feiern. In seiner – für unser Fach – langen Geschichte spiegeln sich die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche in Deutschland ebenso wider wie die Herausbildung der Kommunikations- und Medienwissenschaft als wissenschaftliche Disziplin.

Ein Blick zurück: ­Die ­Geschichte ­des ­Instituts

  • 1916
    Karl Bücher (1847-1930), Nationalökonom und Zeitungskundler, gründet das Institut für Zeitungskunde. Bücher strebte ein berufsorientiertes Studienprogramm für künftige Journalisten an, das aber auch wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden sollte.
  • 1921
    Die Zeitungskunde wird als Haupt- und Promotionsfach an der Philosophischen Fakultät anerkannt.
  • 1926
    Erich Everth (1878-1934), promovierter Kunsthistoriker und Schüler des Philosophen Ernst Cassirer, wird erster ordentlicher Professor für Zeitungskunde an einer deutschen Universität. Sein Interesse galt nicht mehr vorrangig der akademischen Journalistenausbildung sondern der theoretischen Begründung der Zeitungskunde als eigenständige Disziplin und moderne Integrationswissenschaft.
  • 1933
    Everth verliert seinen Lehrstuhl aufgrund seiner offenen Kritik an der Pressepolitik der neuen nationalsozialistischen Machthaber – offiziell wird er aus gesundheitlichen Gründen emeritiert.
  • 1934
    Hans A. Münster (1901-1963) übernimmt den Lehrstuhl, nun mit der Denomination „Zeitungswissenschaft“. Seiner Auffassung nach hatten Journalisten das totalitäre Regime zu stabilisieren und wurden somit zum „Hilfsmann des Politikers“.
  • 1946
    Neuaufbau der Disziplin an zwei Instituten gleichen Namens: Das Institut für Publizistik an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät unter der Leitung von Gerhard Menz (1885-1954) und das Institut für Publizistik an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät, geleitet von Hermann Budzislawski (1901-1978). Bis zur Wende wird eine akademische Journalistenausbildung in der DDR ausschließlich an der Universität Leipzig stattfinden und es werden insgesamt 5000 Absolventen verabschiedet.
  • 1950/51
    Zusammenlegung der beiden Institute und Neueröffnung als „Institut für Publizistik und Zeitungswissenschaft“. Forschungsschwerpunkte bildeten die deutsche Pressegeschichte, insbesondere die Geschichte der Arbeitspresse, sowie die Theorie und Praxis der Pressearbeit. Umgangssprachlich wurde das Institut aufgrund seiner Nähe zur SED als das „Rote Kloster“ bezeichnet.
  • 1954
    Neugründung als eigenständige Fakultät Journalistik mit vier Instituten, u. a. um die enorme Zunahme der Studierendenzahlen durch die Einrichtung eines Fernstudiums zur Weiterbildung von Journalisten organisatorisch und personell zu bewältigen.
  • 1969
    Umwandlung der Fakultät in die Sektion Journalistik und Umstrukturierung der Institute zu „Lehrkollektiven“, die sich noch stärker an den Bedürfnissen der „sozialistischen Praxis“ orientieren sollten.
  • 1972
    Das Institut zieht aus einer Villa in der Tieckstraße 2-6 in das fertiggestellte Universitätshochhaus am Augustusplatz.
  • 1990
    Die neue Sächsische Staatsregierung beschließt im Dezember, die Sektion Journalistik abzuwickeln. Noch in den Weihnachtsferien schließen sich Studierende der Journalistik einem Hungerstreik anderer Studierender gegen eine Einstellung ihrer jeweiligen Studiengänge an. Zusammen mit einem Besuch einer Delegation von Lehrkräften beim zuständigen Staatsminister war dieses Engagement wohl ausschlaggebend für die Weiterführung und Neugründung des Instituts.
  • 1991/92
    Der Lehrbetrieb in der Umbruchszeit wird aufrechterhalten. Karl Friedrich Reimers (geb. 1935), damals Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der HFF München, wird erster Dekan nach der Wiedervereinigung. Reimers und eine Gründungskommission erarbeiten für die Sächsische Staatsregierung einen Vorschlag für ein Gründungskonzept.
  • 1993
    Offizielle Neugründung des Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaft, das seit ihrer Gründung Anfang 1994 der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie angehört. Von den 85 Mitarbeitern der Journalistik vor der Wende bleiben nur 15 übrig, weit überwiegend im akademischen Mittelbau, lediglich Siegfried Schmidt wurde zum außerordentlichen Professor ernannt; die meisten neuen Lehrkräfte und Professoren kamen aus den alten Bundesländern.
  • 1998
    Umzug des Instituts aus dem „Uniriesen“ auf dem Augustusplatz in die Klostergasse 5.
  • 2003
    Das Institut für KMW zieht aus der Klostergasse in den Thüringer Hof in der Burgstraße 21.
  • 2012
    Der Magisterstudiengang KMW und der Diplom-Studiengang Journalistik werden reformiert und auf Bachelor/Master umgestellt.
  • 2019
    Das Institut zieht in das Zeppelinhaus in der Nikolaistraße 27-29; die Räumlichkeiten in der Burgstraße werden durch die Juristenfakultät übernommen.

Mehr erfahren?

Koenen, Erik (Hrsg.) (2016). Die Entdeckung der Kommunikationswissenschaft. 100 Jahre kommunikationswissenschaftliche Fachtradition in Leipzig: Von der Zeitungskunde zur Kommunikations- und Medienwissenschaft. Köln: Herbert von Halem.

Kutsch, Arnulf (2009). Kommunikations- und Mediennwissenschaft. In Ulrich von Hehl, Uwe John & Manfred Rudersdorf (Hrsg.), Geschichte der Universität Leipzig 1409-2009, Bd. 4: Fakultäten, Institute, zentrale Einrichtungen (1. Halbbd., S. 741-759). Leipzig: Leipziger Universitätsverlag.

Meyen, Michael (2015). Journalistik in der DDR. Leipziger Biografien. Feature. In Michael Meyen & Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2015. blexkom.halemverlag.de/journalistik-in-der-ddr/.