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Wir gratulieren Karl Friedrich Reimers, dem Gründungsdekan des IfKMW, herzlich zum 90. Geburtstag.

Am 3. März 2025 begeht der Gründungsdekan unseres Instituts seinen 90. Geburtstag. Das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft dankt Professor Dr. Karl Friedrich Reimers für sein grundlegendes Konzept und nahezu grenzenloses Engagement für die Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Universität Leipzig, vor allem in den Jahren 1991 bis 1993 – und danach als Honorarprofessor.

Das heutige Institut für KMW ist ohne Professor Reimers nicht denkbar: nicht die heute noch erhaltene Grundstruktur, aber ohne seine Ideen auch nicht das Zentrum für Medien und Kommunikation (ZMK, heute ZMP – Zentrum für Medienproduktion), und letztlich auch nicht mephisto 97.6, das Lokalradio der Uni Leipzig, das am 31. Mai vor 30 Jahren erstmals auf Sendung ging.

Vorgänger unseres Instituts war die „Sektion Journalistik der Karl-Marx-Universität“, die es seit 1968 gab, mit ihrem Vorläufer, der „Fakultät für Journalistik“ (seit 1954) und wiederum deren Vorläufer, dem „Institut für Publizistik und Zeitungswissenschaft“ (seit 1951). Als ältester universitärer kommunikationswissenschaftlicher bzw. journalistischer Studiengang in Deutschland wurde 1916 das „Institut für Zeitungskunde“ an der Universität Leipzig gegründet, durch Prof. Dr. Karl Bücher.

Karl Friedrich Reimers war seit 1976 Professor an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) in München und lehrte zugleich an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sein kommunikations-, medienwissenschaftlicher und zugleich zeithistorischer Blick des Hochschullehrers und Forschers richtete sich auf die Medien in beiden deutschen Staaten, besonders mit dem Thema „Zweimal Deutschland in den audiovisuellen Medien“. Er hatte also, anders als alle anderen seiner zeitungswissenschaftlich geprägten Vorgänger, vor allem die audiovisuellen Medien Film, Fernsehen, Hörfunk in seinem Fokus. 

1990, vor genau 35 Jahren, im ersten Jahr nach der Friedlichen Revolution von 1989, „entdeckten“ Studierende und Lehrende an der (noch Karl-Marx-)Universität Karl Friedrich Reimers, seine Affinitäten zur DDR und seine originellen Überlegungen zu einer grundlegend erneuerten akademischen Medienausbildung, die es so „im Westen“ weit und breit nicht gab, und die sehr innovativ-verändernd an die lange Leipziger Journalismus-Tradition anknüpfen konnte. Eine Delegation besuchte ihn an der HFF München, und schließlich wurde ihm, als ideenreichem „Macher“ in den Turbulenzen der sehr frühen Transformation, die Aufgabe als Gründungsdekan eines „Fachbereichs für Kommunikations- und Medienwissenschaften i. G.“ angetragen. Vom März 1991 bis zum 2. Dezember 1993, dem Gründungstag des heutigen KMW-Instituts, nahm er, unterstützt von einer Gründungskommission westdeutscher Medien-Hochschullehrer:innen und hochrangiger Medien-Verantwortlicher, diese Aufgabe wahr. Die „Journalistik“ in Leipzig war grundlegend bedroht, weil sie 40 Jahre in DDR-Staatsdiensten gestanden hatte. Über Weihnachten 1990 hungerstreikende Journalistik-Studierende trugen entscheidend dazu bei, die „Abwicklung“, also die komplette Beendigung, der „Sektion Journalistik“ abzuwenden.

Reimers war aber kein Abwickler, von denen es in dieser Zeit sehr viele gab, sondern ein Um- und Aufbauer mit Sprachmächtigkeit: überzeugend, wenn nötig überredend; zunächst ein Architekt des Fünf-Säulen-Modells des entstehenden Instituts, dann dessen erster Bauherr. Er setzte alle seine kirchlichen Netzwerke in den Ministerien des Übergangs und seine umfangreichen West-Kontakte dafür ein. Mit Diplomatie, Empathie, menschlicher Wärme und der Fähigkeit, Studierende zu begeistern und in die neue Zeit mitzunehmen, entwickelte er ein nahezu grenzenloses Engagement, um den Übergang einerseits menschlich und andererseits akademisch zukunftsfähig zu gestalten. Aus der „Zeitungskunde“, der „Zeitungswissenschaft“ und der „Journalistik“ entwickelten er und seine frühen Mitstreiter:innen ein so breit und differenziert aufgestelltes „Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft“ wie sonst nirgendwo in Deutschland.

Nach seinem Ausscheiden als Gründungsdekan lehrte Reimers als Honorarprofessor noch einige Semester weiter am Institut für KMW. Im Sommersemester 1994 hielt er ein Hauptseminar ab: „Wahlkampf in Deutschland 1994: Perspektiven, Programme, Propaganda, Personen“ – wenn das kein Brückenschlag in den gerade beendeten Wahlkampf ist!

Bis heute ist Karl Friedrich Reimers – wie zu hören ist – ein gefragter Zeitzeuge für Lehrer:innen und Schüler:innen in der Ammersee-Gegend und ein mitreißender Redner zu zeitgeschichtlich-medialen Themen. Und das bei bewundernswerter Gesundheit! Möge sie ihm lange erhalten bleiben!

Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz (Gründungsdirektor des Instituts für KMW)