In Weiterführung der Forschungsergebnisse aus dem DFG-Projekt „Social TV in der digital-vernetzten Medienkultur“ untersucht das DFG-Projekt „Plattformisierung öffentlich-rechtlicher Medien“ das Plattformprinzip, die Zielgruppenadressierung und den Public-Value-Ansatz des ARD/ZDF-Contentnetzwerks funk.

Plattformprinzip, Zielgruppenadressierung und Public-Value-Ansatz am Beispiel des ARD/ZDF-Contentnetzwerks "funk"

Social-Media-Plattformen der US-Unternehmen Alphabet/Google, Meta/Facebook, Apple, Amazon und Microsoft (gemeinhin als sogenannte „Big Five“ bezeichnet) haben die digital-vernetzte Medienkultur entlang der durch sie forcierten API-Schnittstellenpolitik für die Onlinekommunikation in den letzten Jahren sukzessive neu strukturiert. Auf diese Weise haben sie ihre Dienste als infrastrukturale Plattformen installiert, die die Bedingungen für weite Teile westlicher Onlinemedien festlegen. Im Zuge der damit verbundenen Ausbildung von sogenannten Plattformgesellschaften konstituieren die Big-Five-Plattformen ein durch sie strukturiertes Ökosystem, das nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringt und somit zu institutionellen Transformationen und Neuausrichtungen beiträgt. In der Folge nehmen Medien, die nicht zum infrastrukturellen Kern der Big-Five-Plattformen gehören, notwendigerweise eine sekundierende Funktion für diese Plattformen ein.  Eine auf diese Weise forcierte einseitige Abhängigkeit führt zu einem umfänglichen und nachhaltigen Anpassungszwang an die Vorgaben und Bedingungen der Plattformunternehmen. Die damit verbundenen Herausforderungen für öffentlich-rechtliche Medien (ÖRM) sollen im Projekt unter analytischer Zuwendung zum ARD/ZDF-Contentnetzwerk funk entlang der Schwerpunkte (a) Plattformprinzip, (b) Zielgruppenadressierung und (c) Public-Value-Ansatz aufgearbeitet werden. 

Das Projekt ist als Fortsetzung des DFG-Projekts „Social TV in der digital-vernetzten Medienkultur“ konzipiert. Entsprechend den für das Anschlussprojekt neu spezifizierten drei Schwerpunkten werden folgende Ziele verfolgt:

  1. Für das Plattformprinzip des ARD/ZDF-Netzwerks funk soll unter Bezug auf (inter-)nationale medienwissenschaftliche wie auch medienpolitische Diskursivierungen ein kritischer Reflexionsansatz zur Plattformisierung modelliert werden. Dabei soll einerseits eine analytische Diskussion und kritisch-einordnende Interpretation der einseitigen Ausrichtung ÖRM an die Kommunikationsbedingungen von Drittplattformen sowie der dort virulenten Akkumulation eines Publikums erfolgen. Andererseits soll die Bedeutung von Plattformisierung als strukturelle Voraussetzung zur Erfüllung eines öffentlichen Auftrags für das Contentnetzwerk kritisch hinterfragt werden.
     
  2. Für die plattformausgerichtete Zielgruppenadressierung sollen die Formen der interaktiven, partizipativen und kooperativen Einbindung von Nutzer:innen in Content-Formate des Netzwerks evaluiert werden. Dabei sind die Repräsentations- und Teilhabeansprüche der Nutzenden als Bestandteil des strategischen Legitimationsansatzes zur Produktion und Distribution von Inhalten in Sozialen Medien einzubeziehen. Darauf aufbauend soll ein Ansatz des Community-Managements für öffentlich-rechtliche Angebote auf Social-Media-Plattformen ausgearbeitet werden.
     
  3. Für den Prozess der Plattformisierung ÖRM am Beispiel des Contentnetzwerks funk soll ein Public-Value-Ansatz elaboriert werden. Unter Berücksichtigung aktueller Medienregulierungsvorgaben und mit Bezug auf Modelle zur Diskursivierung von Public Value unter Berücksichtigung sich verändernder medienrechtlicher Vorgaben soll eine Basiskonzeption zum Public-Value-Ansatz zum Netzwerk funk ausgearbeitet werden.

Den methodologischen Rahmen des Projektes bildet die in der Sozialwissenschaft elaborierte Dispositivanalyse als systematisierend-einordnende Untersuchung des Verhältnisses von diskursiven Praktiken (Sprechen und Denken auf der Grundlage spezifischen Wissens) und nichtdiskursiven Praktiken (Handeln auf der Grundlage spezifischen Wissens), den sich daraus ergebenen materiellen Sichtbarkeiten im medialen Wandel sowie der entsprechenden Subjektkonstitution der beteiligten Akteure. Dabei verfolgt das Projekt in der Detailphase ein Vier-Ebenen-Analysemodell –– (1) medienpolitische Leitlinien und institutionelle Strategien, (2) Praktiken der Produktion und Distribution, (3) Formate und Inhalte sowie (4) Nutzer:innen-Partizipation ––, welches auf die drei Schwerpunkte Plattformprinzip, Zielgruppenadressierung, Public-Value-Ansatz abgestimmt ist. Im Detail werden nachstehende Erhebungen und Auswertungen vorgenommen:

  • Projektbegleitende Auswertung der (inter-)nationalen Forschungsliteratur zu Plattformisierung ÖRM in Verbindung mit Studien zur veränderten Medienregulierung; insbesondere auch im europäischen Vergleich.
  • Auswertung von Repräsentativstudien, Berichten von ARD und ZDF im Kontext der Contentproduktion und Auftragsumsetzung für funk, Leitlinien für digitale und Soziale Medien, Digitalisierungsberichten der Medienanstalten, Dokumenten im Kontext aktueller medienregulatorischer Veränderungen, Pressematerial von funk.
  • Durchführung und Auswertung von Interviews mit Produktionsbeteiligten und Funktionsakteuer:innen.
  • Durchführung und Auswertung von Onlineumfragen zur Diskussion der Perspektive der Nutzenden der Inhalte des Contentnetzwerks.
  • Analyse ausgewählter funk-Inhalte in ihrem Kommunikationsumfeld Sozialer Medien und Bestimmung formatspezifischer Veränderungen durch eine interaktiv-partizipative Nutzer:innenadressierung.

Leitung

  • Prof. Dr. Sven Stollfuß

 

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

  • Ann-Kathrin Böttke
  • N.N.
  • N.N.
  • 2024: Projektstart
  • 2027: Projektende

Das Projekt wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. 

Direkt zur DFG

  • Böttke, Ann-Kathrin, Sven Stollfuß (in Review): Listen to the Audience: Social TV and the Importance of Community Management on Social Media. In: Anne Beier, Gisela Dachs, Lothar Mikos, Benjamin Nickl (Hg.): Revisiting The Export of Meaning. Amsterdam: Amsterdam University Press.
  • Böttke, Ann-Kathrin, Sven Stollfuß (in Überarbeitung): Auch eine Klassenfrage? Social TV und mediale Mikropolitiken der Community-Kommunikation des ARD/ZDF-Contentnetzwerks funk auf Instagram. In: Dagmar Hoffmann, Florian Krauß, Moritz Stock (Hg.): Fernsehen und Klassenfragen. Wiesbaden: VS.
  • Stollfuß, Sven, Andreas Weich: Digitale Medien und Dispositivanalyse. In: Sven Stollfuß, Laura Niebling, Felix Raczkowski (Hg.): Handbuch Digitale Medien und Methoden. Wiesbaden: VS 2023, S. 1–23. doi.org/10.1007/978-3-658-36629-2_27-1.
  • Stollfuß, Sven: Institutionen der Serienindustrie. In: Sven Grampp, Olga Moskatova (Hg.): Handbuch Televisuelle Serialität. Wiesbaden: VS 2023, S. 1–22. doi.org/10.1007/978-3-658-35305-6_24-1.
  • Stollfuß, Sven: Platformization as a Structural Dimension for Public Service Media in Germany: The funk Content Network and the New Interstate Media Treaty. Television & New Media Online First (2022): DOI: 10.1177/15274764221138248.
  • Stollfuß, Sven: The Platformisation of Public Service Broadcasting in Germany: The Network ‘funk’ and the Case of Druck/Skam Germany. In: Critical Studies in Television: The International Journal of Television Studies 16/2 (2021), S. 126–144.
  • Stollfuß, Sven: Soziales Fernseherleben: Social TV. Formen, Dynamiken und Entwicklungen am Beispiel des Contentnetzwerks funk. Media Perspektiven 12 (2020), S. 649–660.
  • Stollfuß, Sven: We are @DruckAddicts: Social TV und Fan-Engagement am Beispiel der Social Media-Serie DRUCK. In: Anne Ganzert, Isabell Otto (Hg.): Smarte Serienfans: Praktiken der Teilhabe in Fangemeinschaften. Marburg: Schüren 2020, S. 83–95.
  • Stollfuß, Sven: German Public Television, Social Media and Audience Engagement. VIEW. Journal of European Television History and Culture 8/16 (2019), S. 98–109.
  • Stollfuß, Sven: Is This Social TV 3.0? On Funk and Social Media Policy in German Public Post-Television Content Production. In: Television & New Media 20/5 (2019), S. 509–524.
  • Stollfuß, Sven: Between Television, Web and Social Media: On Social TV, About:Kate and Participatory Production in German Public Television. In: Participations: Journal of Audience & Reception Studies 15/1 (2018), S. 36–59.

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