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„ConSIMium – a Council Simulation Experience“ – So heißt das Projekt des Europäischen Rates, zu dem sich Studierende aus der ganzen EU letzte Woche auf den Weg machten, um ihr Heimatland im EU-Rat zu repräsentieren. Unter anderem dabei: Fünf Studierende der Universität Leipzig, als Teil der deutschen Delegation. Hier der Erlebnisbericht.

Es ist viertel vor Acht am Donnerstag, als wir am Europa-Building in Brüssel ankommen und erstmal eine Sicherheitskontrolle durchlaufen müssen. Noch wissen wir nicht, was uns erwartet – außer, dass es intensiv wird. Intensiv und international, denn die ersten Delegationen haben wir bereits am Abend vorher an der Hotelbar kennengelernt. Aber der Reihe nach:

An einer Model-UN-Simulation dürfen sich viele junge Menschen während ihres Bildungswegs probieren. Auch Parlamente und Wahlen werden regelmäßig durchgespielt. Die Strukturen des Rates der EU und des Europäischen Rates sollen nun ebenfalls Studierenden nähergebracht werden, um das Bewusstsein für diese enorm wichtige Institution zu erhöhen. Daher wurde „ConSIMium“ ins Leben gerufen, an dessen Pilot-Edition wir, die fünf Leipziger Student*innen Marie Dudek, Theresa Zängler, Piet Heinrich, Annika Fleischer und Jonathan Püttmann, sowie Aimee Sander von der Goethe-Uni Frankfurt, teilnehmen durften.

Sechs Student*innen aus jedem EU-Land wurden ausgewählt – als Staatschef*in, Minister*in, Botschafter*in, Nationale Expert*in oder Journalist*in. Die knapp 200 Teilnehmenden wurden in Brüssel gemeinsam in zwei Hotels eingebucht – entsprechend multilingual ging es in der Hotelbar und beim Frühstück zu! Wir als deutsche Delegation wurden am Mittwochabend nach Ankunft am Bahnhof noch in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik zur Verhandlungstaktik gebrieft. Später im Hotel lernten wir bereits die ersten Delegationen kennen, aus Portugal, Spanien und Luxemburg.

Am Donnerstag ging es nach der Sicherheitskontrolle gleich los: Auf der Tagesordnung standen Verhandlungen über zwei EU-Kommissionsvorschläge – zu Flottengrenzwerten bei Fahrzeugemissionen und zum Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur in der EU. Unsere Bundeskanzlerin konnte vor den versammelten Journalist*innen eine echte „Doorstep Declaration“ abgeben, bevor im Tagungsraum, in dem auch die echten Staatschef*innen verhandeln, intensiv gefeilscht wurde.

Die großen Linien und Vorgaben wurden dort festgelegt, die Details allerdings noch nicht. Das lag nun an den Nationalen Expert*innen, die in zwei Projektgruppen Detailfragen ausarbeiteten. Für die restlichen Teilnehmer*innen ging es ins Haus der Europäischen Geschichte. Nachdem die Expert*innen mit rauchenden Köpfen von den Verhandlungen zurückkehrten, fanden wir uns mit vielen Delegationen am Place de Luxembourg (auch P’Lux genannt) wieder. Dort wurde in bester Brüsseler Praktikant*innenmanier mit einem Kaltgetränk weiterverhandelt, genetworkt und gemeinsam auf die Zukunft Europas angestoßen.

Mit zu wenig Schlaf und vielen neuen Bekanntschaften fuhren wir am Freitag wieder ins Europagebäude. Dort stand nun die COREPER-Verhandlungsrunde an, zu der sich die Botschafter*innen, unterstützt von den Expert*innen trafen. Zur Ladesäuleninfrastruktur wurde dort tatsächlich bereits eine Einigung erzielt. Bei den Flottengrenzwerten war es allerdings noch nicht so weit. Der entscheidende Durchbruch gelang erst im Minister*innenrat, dem Rat der Europäischen Union. In diesem Gremium werden, gemeinsam mit dem EU-Parlament, rechtsverbindliche Entscheidungen getroffen. Umso wichtiger, dass vom schwedischen Ratsvorsitz in letzter Minute der entscheidende Änderungsantrag eingebracht und so der Beschluss herbeigeführt wurde.

Zum Abschluss gab es ein gemeinsames Mittagessen und Vorträge über Karrieremöglichkeiten in den EU-Institutionen – denn darauf war die Simulation auch ausgelegt: Junge Menschen dafür zu begeistern, für die EU tätig zu sein und das internationale Umfeld in Brüssel kennen und schätzen zu lernen. Am späten Abend erreichten wir dann wieder Leipzig – zwar entkräftet, aber voller Inspiration, mit vielen neuen Kontakten aus der ganzen EU und mit dem Wissen, auf dem Stuhl des Bundeskanzlers gesessen zu haben!

In diesem Rahmen möchten wir uns gerne für die Organisation und Koordination dieser außergewöhnlichen Chance beim Leipziger Jean Monnet Centre of Excellence (JMCoE) und beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) bedanken! Wir sind dankbar und froh, Teil dieses Pilotprojektes gewesen zu sein und werden noch lange von den inspirierenden Erfahrungen zehren!