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Mit tiefem Bedauern geben wir den Verlust von Professor (i.R.) Hartmut Elsenhans am Institut für Politikwissenschaft der Universität Leipzig bekannt. Er war ein umtriebiger Forscher und ein leidenschaftlicher Dozent. Er hatte stets den Anspruch, nicht nur Wissen zu gestalten und zu vermitteln, sondern Weltbeziehungen mit einem kritischen und interdisziplinären Blick in ihrer Komplexität zu erkunden und zu hinterfragen.

Sein Wirken liegt in einer umfassenden Bildung und einem beeindruckenden Karriereweg begründet. Geboren am 13. Oktober 1941 in Stuttgart, absolvierte er seine Grund- und Sekundarschulausbildung in Stuttgart-Vaihingen. Im Jahr 1962 begann Hartmut Elsenhans sein Studium der Politikwissenschaft, Geschichte, Soziologie und Romanistik in Tübingen, das er von 1963 bis 1967 an der Freien Universität Berlin fortsetzte, wo er 1967 seinen Abschluss in Politikwissenschaft erwarb. Die politisch turbulenten Jahre zwischen 1967 und 1970 verbrachte er in Paris als Mitglied der Cycles Supérieurs.

Nach Stationen an den Universitäten in Frankfurt (1975-1976) und Marburg (1976-1980) übernahm er 1980 den Lehrstuhl für Internationale Beziehungen an der Universität in Konstanz, einer der renommierten deutschen Universitäten in Staats- und Verwaltungswissenschaften.

1993 führte ihn sein Weg schließlich an die Universität Leipzig, der er bis zu seiner Emeritierung als Professor für Internationale Beziehungen angehörte. Hartmut Elsenhans wirkte maßgeblich nach der Neugründung des Instituts für Politikwissenschaft nach der deutschen Wiedervereinigung an dem Aufbau und der Ausgestaltung des Lehrstuhls für Internationale Beziehungen mit und prägte Lehre und Forschung in den Gründungsjahren des Instituts außerordentlich.

Seine Forschungs- und Lehrthemen deckten dabei eine hohe Breite ab und reichten von Nord-Süd-Beziehungen und Entwicklungstheorien über Globalisierung, demokratische Transformationen, die Europäische Union sowie die globale Zivilgesellschaft. Dabei beschäftigte er sich insbesondere kritisch mit globalen Ungerechtigkeiten, der Entstehung von Staatsklassen und dem Aufstieg politischer Bewegungen im Globalen Süden.

Während seines Wirkens war Hartmut Elsenhans zudem Gastprofessor in Salzburg, Lissabon, Montréal, New Delhi, Dakar und Islamabad. Seine Feldforschung erstreckte sich über Frankreich, Algerien, Senegal, Vietnam, Bangladesch, Indien und Mali.

Seit Mitte der 1970er Jahre zeichnete sich Hartmut Elsenhans durch eine außergewöhnliche wissenschaftliche Produktivität aus. Er las, sammelte, ordnete und extrahierte Informationen zu einer Vielzahl von Themen aus unterschiedlichsten Quellen. Einer seiner Studenten beschrieb ihn als einen „roten Preußen“. Jede Karte, jeder Auszug war greifbar. Seine Notizen sind auf über 350.000 Karteikarten festgehalten – ein einzigartiges Zeitzeugnis seines Wirkens. Die Bibliografie von Hartmut Elsenhans umfasst mehr als 50 Seiten, wovon die Hälfte in 13 verschiedenen Sprachen veröffentlicht wurde. Für seine Studierenden war Hartmut Elsenhans vor allem ein Dozent, der seine eigene Begeisterung sehr gut weiterreichen konnte, der gleichzeitig Verwunderung und Erheiterung, Verwirrung und Erstaunen erzeugen konnte, aber vor allem kritische Geister hervorgebracht hat. Er hat auch lange noch nach seiner Emeritierung Lehrveranstaltungen an der Universität Leipzig geleitet.

Hartmut Elsenhans ist am 18. Januar 2024 in Leipzig verstorben. Die Universität Leipzig wird ihn und sein großes Engagement vermissen.


Prof. Dr. Solveig Richter
Geschäftsführende Direktorin
Institut für Politikwissenschaft