Philosophisches Kolloquium - WiSe 23/24
Christoph Pfisterer (Zürich): The Myth of Literal Seeing
Stimmt es eigentlich, dass man von einem materiellen Gegenstand nicht mehr sehen kann als die einem zugewandte Seite? Diese Frage ist der Ausgangspunkt von Thompson Clarkes Aufsatz „Seeing Surfaces and Physical Objects“ (1965), der auf eine Spannung zwischen einer affirmativen Antwort und dem Common Sense aufmerksam macht. Denn wenn man streng genommen nur einen Teil der Oberfläche von einem materiellen Ding sehen kann, dann trifft es auf das Ding selbst offenbar nicht zu, dass man es sehen kann. Auf dieser Grundlage lanciert Clarke einen Angriff auf die These, dass wir höchstens die uns zugewandten Seiten materieller Gegenstände sehen, welchen er als Blaupause für eine grundlegende Kritik an der Sinnesdatentheorie der Wahrnehmung versteht. In meinem Vortrag will ich Clarkes Überlegungen operationalisieren und dafür argumentieren, dass sich die Blaupause gegen jeden Versuch richten lässt, den Begriff des Sehens in einer revisionistischen Art und Weise einzuschränken.
Zur Person:
Dr. Christoph C. Pfisterer ist Oberassistent am Lehrstuhl für Theoretische Philosophie am Philosophischen Seminar der Universität Zürich. Er hat an der Universität Wien Philosophie und Linguistik studiert und hat an der Universität Zürich mit einer Arbeit zum Begriff des Urteils bei Gottlob Frege promoviert. Nach einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt an der Columbia University und an der UC Berkeley ist er als Lehrbeauftragter an die Universität Zürich zurückgekehrt, um seine Habilitation „The Language of Perception“ abzuschliessen. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der frühen analytischen Philosophie, der Sprachphilosophie und der Philosophie des Geistes.